Orgel von Dietz 1814, restauriert und rekonstruiert 1979 von Richard Rensch Orgelbau
Das Instrument ist derzeit wg. Kirchenrenovierung von uns verpackt und stillgelegt. (2016)
Die historische Anlage der Dietz-Orgel zu Groß-Rohrheim von 1814 stellt in ihrer Art ein Unikum dar. Um ihr den zugedachten Klang zu entlocken, sind einige Registrierregeln zu beachten:
1. Das ursprüngliche Werk ist einmanualig und von der oberen Manualklaviatur(II) aus anzuspielen. Das I. (untere) Manual ist ein Koppelmanual an welches das II. Manual in 16'-. 8'- oder 4'-Lage angekoppelt werden kann. Durch das Ziehen von zwei oder drei dieser Oktavkoppeln kann man bei gleicher Registrierung im II. Manual reizvolle Plenum-Abstufungen erzielen (Vorplenum verschiedener Stufen. Plenum). Zu beachten ist allerdings, dass es nicht zweckmäßig ist, die Zungenregister (Vox humana 16’, Trompete 8') in ein solches Plenum aufzunehmen, da der Wind aus den Transmissionsladen dazu konstruktionsbedingt nicht ganz ausreicht und die Orgel dann verstimmt klingt. Die Zungenstimmen sollten also nur bei „gewöhnlichem” Spiel im II. Manual registriert werden.
2. Später (1857) wurde der Orgel noch ein Unterwerk hinzugefügt. Dieses ist auch vom I. Manual aus anzuspielen. Dazu zieht man den Zug „UNTERWERK AN“. Die gleichzeitige Benutzung der Koppelmanual-Funktion des I. Manuals ist dabei nicht sinnvoll.
3. Auf dem II. Manual Spielt man das Hauptwerk direkt und in seinem vollen Tonumfang (80 Töne). Es ist zu beachten, dass die tiefste Taste dieses Manuals, auf die tiefste Taste des I. Manuals bezogen,wie ein Contra-C aussieht; jedoch bezieht sich die Angabe der Fußtonlagen der zum II. Manual gehörigen Register auf das erste C als ob es Groß-C wäre. So klingt also der Ton des Prinzipal 8' auf dieser vermeintlichen „Contra—C—Taste" wie in einer normalen Orgel auf Groß-C und der Ton auf Groß-C des I. Manuals klingt dann, wenn die Koppel „MANUAL 8'“ gezogen ist, wie das kleine c des II. Manuals, unter dem er ja auch liegt; insofern ist also die Bezeichnung „MANUAL 8’“ mißverständlich: sie bezieht sich nur auf die Lage der Tasten, nicht deren Tonhöhe entsprechend der Disposition! So gesehen müssten die Koppelzüge für das I. Manual eigentlich mit 8' — 4' — 2' anstatt 16' — 8' — 4‘ bezeichnet sein (immerhin erklingen nun mit „MANUAL 8'” auf dem I. Manual die vier 16'-Register Viola di Gamba. Groß Flauto. Bourdon und Vox humana als 8').
Dazu kommt noch, dass die Register teilweise „repetieren“. d. h. beim Spielen einer Tonleiter aufwärts nach einer oder mehreren Oktaven um eine Oktave zurückspringen, also eine Oktave tiefer klingen. So repetiert das Register Prinzipal Octave 4' bei g“ in den 8' und bei gis4 in den 16'! Octav 2' repetiert bei c' in den 4'. bei c2 in den 8' und bei g‘ in den 16' usw.
Die beiden 16'-Register Viola di Gamba und Groß Flauto repetieren umgekehrt. d. h. abwärts: der 16'—Ton beginnt beim zweiten c des II. Manuals. Nach unten hin wiederholt sich die Oktave von c bis h, oder anders gesagt, C-H klingt wie ein 8'. Als 16' klingen von C-H auf dem II. Manual nur die Register Bourdon und Vox humana.
4. Das Pedalwerk besitzt keine Manualkoppel, dafür aber eine Oktavkoppel. Ist sie registriert, so erklingt zum jeweils gedrückten Pedalton der tiefen Oktave(C-H) noch der Ton eine Oktave höher im Pedal dazu.
Ein schönes kräftiges Prinzipalplenum erhält man, wenn man im II. Manual einen 16' (Bourdon oder Groß Flauto), Prinzipal 8', 4', 3', 2', 1 3/5' und 1' zieht und das ganze dann mit den drei Manualkoppeln auf dem I. Manual spielt. Zöge man mehrere 16'-Register dazu oder eine der Zungen, so würde die Orgel konstruktionsbedingt verstimmt klingen (siehe oben).
Anders bei einer Weitchor-Registrierung (Flöten): Diese Register sind nicht so empfindlich in der Stimmhaltung, d. h.hier können auch mehrere 16'-Register zusammen gezogen werden.
Die Zungenstimmen verhalten sich wegen der physikalischen Gesetzmäßigkeiten (wie übrigens auch bei jeder anderen Orgel) bei Temperaturverschiebungen in der Stimmhaltung anders als die Labialregister: die Zungenstimmen halten nahezu ihre Tonhöhe, während der Rest der Orgel bei ansteigender Temperatur höher, bei absinkender tiefer wird. Deshalb müssen die Zungen vor jedem Einsatz auf ihre Stimmung geprüft und ggf. beigestimmt werden. Dieses Beistimmen der Zungen kann von einem versierten Organisten selbst oder auch (auf Bestellung) von Orgelbau Rensch vorgenommen werden.
Bei Beachtung dieser vorstehenden Grundregeln werden Sie viel Freude mit dem Groß—Rohrheimer Instrument und seinen vielen musikalischen Möglichkeiten haben.
Klaus-Wilhelm Rensch, Orgelbaumeister
Im März 1988
Disposition der Orgel: